Sonntag, 10. Januar 2016

Bücher. Rückblick auf 2015.

Früher war ich eine richtige Leseratte, habe Bücher geradezu verschlungen. Im Lauf der Jahre änderte sich das, ich las mehr Zeitungen und Zeitschriften, und eben auch viel im Internet, Foren und Blogs. Auch störte mich während ich noch berufstätig war, dass ich an einem Buch nicht dranbleiben konnte, sondern oft tagelange Pausen einlegen musste. So gewöhnte ich mir das häppchenweise Lesen an, das ich nun überwiegend praktiziere. Ich bin ja schon eine Weile nicht mehr im Beruf, aber Gewohnheiten stellt man nicht so schnell um. Auch war ich in den letzten Jahren bei der Anschaffung von Büchern sehr restriktiv, auch weil ich beim Umzug vor vier Jahren so viele zurücklassen musste und die Bücherregale in der jetzigen Wohnung trotzdem sehr gut gefüllt sind.
Im April entschied ich mich dann, einen E-Book-Reader anzuschaffen. Der Anlass war eigentlich ganz einfach: ich wollte ein bestimmtes Buch lesen, es aber anschließend nicht im Bücherregal haben. Instagram- und Facebook-Follower konnten das Foto schon sehen, ich hatte mich für einen Tolino entschieden, um auch E-Books im lokalen Buchhandel beziehen zu können.
Und tatsächlich ist mein Lesekonsum seitdem erheblich gestiegen, ohne dass ich wieder zur Vielleserin geworden wäre. Ich habe sieben Romane und zwei Biografien gelesen, der nächste Roman ist schon runtergeladen, und auch zwei wissenschaftliche Bücher aus der Unibibliothek konnte ich auf den Tolino laden.

  1. Es begann mit einer Biografie, Bismarck von Hans-Christof Kraus, und ich kann das Buch geschichtlich Interessierten nur ans Herz legen. Es ist einerseits flüssig und gut lesbar geschrieben, andererseits wissenschaftlich fundiert. Der Blick auf Bismarck ist durchaus kritisch, das Buch dient nicht der Verehrung des nationalkonservativen Reichsgründers.
  2. Über Die gleißende Welt von Siri Hustvedt hatte ich bereits im Blog berichtet.
  3. Nach einigen Nachforschungen in Blogs, die ich regelmäßig lese und die (zumindest gelegentlich) Bücher besprechen, habe ich begonnen, den Autor Hanns-Josef Ortheil zu entdecken. Ich begann mit Die geheimen Stunden der Nacht, einer Geschichte in einem Familienunternehmen mit einem autoritären Patriarchen an der Spitze, der die Firma zum Erfolg geführt hat. Der Vater erkrankt schwer, und der älteste Sohn muss erkennen, dass er nicht automatisch Vaters Nachfolger sein wird. Die Auseinandersetzung mit seinen Geschwistern und die Geheimnisse, die er über seinen Vater im Lauf der Zeit erfährt bzw. ans Licht bringt, sind Inhalt des Buchs. Der Schluss ist ein wenig abrupt, aber zufriedenstellend.
  4. Durch wiederholtes Sehen des Films Der Teufel trägt Prada stellte ich fest, dass der Film auf einem teils autobiografischen Erstlingswerk beruht und habe es mit viel Vergnügen gelesen. Autorin ist Lauren Weisberger. Leicht und locker, und natürlich ist die Welt der Mode ziemlich überkandidelt.
  5. Ähnlich leicht ist Vielleicht mag ich dich morgen von Mhairi McFarlane, die eine junge Frau um die dreißig beschreibt, die zu Schulzeiten dick war und deshalb gemobbt wurde. Sie trifft viele Jahre später den Schwarm aller Mädels der Schule wieder, der sie nicht erkennt, sich aber um sie bemüht. Ganz nett, Urlaubslektüre oder für eine Zugfahrt.
  6. Nun wieder Hanns-Josef Ortheil mit Faustinas Küsse. Das Buch dreht sich um den ersten Rom-Aufenthalt von Goethe im Jahr 1786 und beschreibt uns die Ereignisse aus der Sicht von Giovanni Beri, einem Römer ohne Beruf, der sich an Goethe heranmacht und seine Dienste als Führer anbietet, dann aber einen geheimnisvollen Auftrag bekommt, den Fremden zu beobachten. Die Mischung von Fiktion um ein Gerüst von historischen Tatsachen gefällt mir meist gut. Hier ist es sehr gut gemacht.
  7. Vor dem nächsten Ortheil kam noch ein Weltbestseller, Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand von Jonas Jonasson. Hier wird uns ein Mensch geschildert, der rein zufällig immer wieder in die Rädchen der Weltgeschichte gerät und sie beeinflusst, obwohl er das meist nicht will oder zu vermögen meint. Sehr amüsant zu lesen, mit nachdenklichem Hintergrund.
  8. Nachdem mir die fiktive Geschichte um Goethe gut gefallen hat, nahm ich mir ein ähnlich gestricktes Buch über Mozart vor, Die Nacht des Don Juan von Hanns-Josef Ortheil. In dem Buch wird die Geschichte der Uraufführung des Don Giovanni in Prag mit fiktiven Geschichten umrahmt, die die bekannten Personen wie Mozart und seine Frau Konstanze, die Sänger und Sängerinnnen der Uraufführung und selbst Casanova einbezieht, von dem man allerdings nicht mit Sicherheit weiß, ob er tatsächlich zu dieser Zeit in Prag war. Für Musik- und Mozartfreunde unbedingt zu empfehlen.
  9. Das letzte der E-Books, die ich bereits gelesen habe, ist wieder eine Biografie, Die Manns von Tilmann Lahme. Er beschreibt gut lesbar und trotzdem wissenschaftlich das Leben von Thomas Mann, seiner Frau Katia und den sechs gemeinsamen Kindern. Diese Familie hat mich immer schon fasziniert und angezogen, obwohl das eine oder andere Kopfschütteln nicht ausbleibt. Von den Realitäten anderer bürgerlicher Familien waren diese Personen weit entfernt. 
Nun noch kurz zum Tolino selbst. Er hat meinen Erwartungen entsprochen, ist leicht, man kann sehr gut lesen, selbst in der Sonne. Und man kann Bücher über die Buchhandlung seiner Wahl beziehen und bleibt nicht auf Amazon allein angewiesen.
Was mich jedoch total nervt, ist die Silbentrennung. Durch die Möglichkeit, Schriftart und -grad zu verändern, werden Wörter "dynamisch" getrennt. Wie wir aus der Textverarbeitung wissen, ist die Qualität der Silbentrennung nicht von einem Algorithmus abhängig, sondern von Wörterbüchern. Und daran hapert es hier offensichtlich. Falls sie wirklich nur einen Algorithmus verwenden sollten, so sollte diesem zumindest eine Grundregel beigebracht werden, nämlich dass man NIE nur einen Buchstaben abtrennt, weder am Anfang eines Worts noch am Ende. Beides habe ich schon gesehen. Besonders beliebt ist, den Buchstaben Ü abzutrennen, also im Wort Über, aber auch allen Zusammensetzungen, wie z.B. Ü-
bersetzung
Sieht doch schrecklich aus! Ich meine die Verlage sollten sich um qualitativ gute Wörterbücher kümmern, so ein Schrott-Schriftbild mit diesen Trennungsfehlern schlägt negativ auf die Bücher zurück. Dann lieber gar keine Silbentrennung.
Noch eine Anmerkung, ich habe mit Absicht keine Links zu den Buchtiteln eingefügt, denn ich kann jeder/m nur empfehlen, die Titel auf der Online-Seite der örtlichen Buchhandlung zu suchen und bei Gefallen zu bestellen, das klappt mit der Angabe von Autor und Titel hundertprozentig.

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