Sonntag, 20. Juli 2008

Wetterunbill

Waren Sie schon mal bei einer Freiluftaufführung? Theater unter freiem Himmel? Dann wissen Sie, im Vorfeld gelten andere Gesetze. Da kleidet man sich nicht, um gesehen zu werden und einen guten Eindruck zu machen, da muss es praktisch sein. Und wärmend, sofern das Wetter sich nicht von der besten Seite zeigt. Sitzkissen und Decken sind zu empfehlen, erstere halten warm bei Kälte und man schwitzt nicht so bei Hitze wie wenn man direkt auf Plastikstühlen sitzt. In Decken kann man sich alleine einrollen, oder zu zweit drunterschlüpfen, auch paarweise um die Schultern gelegt ist recht beliebt. Für die ganz große Wetterunbill, den Regen, hilft nur eines, das Regencape. Denn Schirme sind bei Regen auf Freiluftaufführungen nicht zielführend. Wenn alle einen Schirm aufspannen, dann läuft das Wasser von benachbarten Schirmen von vorne, von hinten und von beiden Seiten irgendwie über die Kleider, in den Sitz, auf die Schuhe. Und sehen tut man auch nichts mehr. So ein Regencape muß groß und breit sein, damit auch gewichtige Personen reinpassen, und damit noch genug Platz bleibt, um Taschen undn Zubehör drunter trocken zu verstauen. Ein Regencape unterstreicht die Figur nicht, alle sehen eher etwas unförmig aus.
Sieht man nun viele Menschen mit Regencapes kurz vor einer Freiluftaufführung herumspazieren, dann sind die Wetteraussichten schlecht. Und man tut gut daran, sich auch so ein Cape zu besorgen, so man keines hat. Es gibt sie auch in Einmalausführung sozusagen, kleingefaltet in Plastik eingeschweißt. Einmal geöffnet, wird man es nie wieder so klein zusammen bekommen. Ganzkörperkondom nennt es meine Freundin.
Nun stellen Sie sich vor, viele hundert Leute, alle mit einem Regencape bekleidet, mal in bunten Farben, mal aus durchsichtigem Plastik, laufen auf einem bestuhlten Platz herum und suchen ihren Sitzplatz. Lauter Michelin-Männchen und -Frauchen. Und dann sitzen sie schließlich alle da, mehr als Tausend, fast alle in Regencapes. Und alle hoffen, dass der nächste Guss erst in drei Stunden kommt. Das tut er jedoch nicht, sondern es regnet noch während der Vorstellung. Erst ein bisschen, dann mach der Regen wieder Pause. Dann fängt es noch stärker an, alle ducken sich unter ihren Kapuzen dicht an dicht, jeder trocken in seinem Cape. Dann wird die Vorstellung abgebrochen, weil es ganz stark regnet und es zu nass zum Weiterspielen ist. Und dann löst sich die Ansammlung der Regencape-Michelin-Männer und -Frauen nach und nach auf.
So war es gesten Abend in Schwäbisch Hall. Leider.

Sonntag, 13. Juli 2008

Der Freischütz

Als letzte Aufführung der diesjährigen Opernmiete sahen und hörten wir den Freischütz. Die Inszenierung stammt aus 1980 und erfreut den Zuschauer mit schönen Bühnenbildern. Die Handlung erzählt der Komponist Carl Maria von Weber in einem Brief an seine Braut vom 3. März 1817 folgendermaßen:
Ein alter fürstl. Förster will seinem braven Jägerburschen Max, seine Tochter und Dienst geben, und der Fürst ist es zufrieden, nur besteht ein altes Gesetz, daß jeder einen schweren Probeschuß ausführen muß. Ein anderer boshafter liederlicher Jägerbursche Kaspar hat auch ein Auge auf das Mädel, ist aber dem Teufel halb und halb ergeben. Max sonst ein trefflicher Schütze, fehlt in der letzten Zeit vor dem Probeschuß alles, ist in Verzweiflung darüber und wird endlich dadurch von Kaspar dahin verführt, sgenannte Freykugeln zu gießen, wovon 6 unfehlbar treffen, dafür aber die 7. dem Teufel gehört. Diese soll das arme Mädchen treffen, dadurch Max zur Verzweiflung und Selbstmord geleitet werden u. Der Himmel beschließt es aber anders. Beim Probeschuß fällt zwar Agathe, aber auch Kaspar, und zwar letzterer wirklich als Opfer des Satans, erstere nur aus Schrecken, warum u. ist im Stück entwickelt. Das Ganze schließt freudig.

Die Kulissen erinnern ein wenig an Volks- und Bauerntheater, ebenso die Kostüme, und verhindern dadurch, dass die Geschichte zu sehr ins Süße, Romantische der Entstehungszeit abgleitet. Besonders in der Wolfschluchtszene ist "action", die Wände wackeln, alle möglichen Ungeheuer kommen bedrohlich von oben eingeschwebt oder entschwinden wieder. Die Obermaschinerie der Staatsoper, jahrelang ob ihrer Renovierungsbedürftigkeit in der Presse, musste ganze Arbeit leisten.
Die Stuttgarter Zeitung resümiert "Alles in allem [...] ein Abend, der für das Repertoire der Staatsoper ein Gewinn ist."

Sonntag, 6. Juli 2008

Anziehungspunkt Rothenburg

Rothenburg_1

Rothenburg ob der Tauber liegt in Mittelfranken, unweit der Grenze zu Württemberg. Von 1274 bis 1803 war es Freie Reichsstadt und kam anschließend zu Bayern. Nach einer mittelalterlichen Blütezeit lag die Stadt jahrhundertelang in einem Dornröschenschlaf, und die alten Häuser blieben wie sie waren. Auch heute noch umschließt die Stadtmauer die Altstadt vollständig. Das mittelalterliche Stadtbild ist die Grundlage für den heutigen Erfolg der Stadt als Tourismusmagnet. Für Amerikaner, Japaner und neuerdings auch Chinesen ist der Besuch der Stadt ein "must". Malerisch und verträumt ist sie ja, diese Stadt, soweit die Touristenschwärme dies aufkommen lassen.

Rothenburg_2

Samstag, 5. Juli 2008

Anziehungspunkt Riemenschneideraltar

Etwas außerhalb von Creglingen steht die Herrgottskirche, eine ehemalige Wallfahrtskirche. Creglingen gehörte seit 1448 zu Brandenburg-Ansbach und wurde während der Neuordnung Deutschlands durch Napoleon im Jahr 1810 schließlich Württemberg zugeschlagen. Heute liegt es nordöstlichen Zipfel Baden-Württembergs, die bayerische Grenze ist nah, ebenso wie Würzburg. Ähnlich wie der Ort hat auch die Kirche eine wechselvolle Geschichte hinter sich.
Um 1505 erhielt der Holzschnitzer Tilman Riemenschneider aus Würzburg den Auftrag, einen Altaraufsatz für die Herrgottskirche zu schnitzen. Allein die Ausmaße sind außergewöhnlich und beeindrucken. 9 Meter 20 hoch, 3 Meter 68 breit, aber nur 44 Zentimeter tief.

Riemenschneideraltar

Dargestellt wird die Himmelfahrt von Maria. Als Creglingen 1530 protestantisch wurde, wurde der Altar geschlossen und mit einem Bretterverschlag umgeben, der über 300 Jahre lang geschlossen blieb. Bildersturm und "Verbesserung" durch Übermalen blieb dem Altar erspart und das Holz blieb durch die jahrhundertelange Abgeschlossenheit schön hell.
Tilman Riemenschneider wurde nach seinem Tod vergessen. 1822 wurde sein Grabstein gefunden, und man suchte nach seinen Werken. 1832 fand man dann in Creglingen hinter dem Bretterverschlag dieses unversehrte Meisterwerk.