Schon lange gab es keinen Eintrag mehr in diesem Blog über eine Opernaufführung, wir haben auch etwas pausiert. Die Aufführung des Rosenkavalier von Richard Strauss stand jedoch schon lange auf meiner musikalischen Wunschliste.
Die Aufführung der Stuttgarter Staatstheater stammt aus dem Jahr 2009, und um gleich positiv anzufangen, das Bühnenbild finde ich gelungen. Keine wilde Ödnis auf der Bühne, garniert mit Rohrleitungen, wie dies noch vor wenigen Jahren Mode war, nein, ein freundlicher Sternenhimmel als Hintergrund. Eine drehbare Scheibe als Zentrum der Bühne, und je nach der in diesem Stück häufig und rasch wechselnden Anforderung werden Möbel auf- und abgeräumt oder umgeben hohe mehrstockige Wagen wie Häuser das Zentrum. Von dort singt dann der Chor, man schaut hinunter oder hinauf, es findet die Erweiterung des Intimen eines fürstlichen Schlafzimmers des 18. Jahrhunderts, in dem die Oper spielt, in die Öffentlichkeit statt.
Auch musikalisch scheint mir die Aufführung gelungen, besonders schöne Stimme von Christiane Iven als Marschallin, aber auch Marina Prudenskaja als Octavian und Michaela Schneider in einer Nebenrolle hörten sich sehr gut an.
Die 1911 uraufgeführte Oper zitiert häufig, schon durch Anlage der Handlung im 18. Jahrhundert. Wir kennen die Verehrung eines jungen Mannes für eine verheiratete Frau auch in Figaros Hochzeit in der Figur des Cherubino, aus dem Figaro kennen wir auch die unseligen Machenschaften eines (Ehe)-Vertrags zu Lasten eines oder einer Dritten, der/die erst Mal gar nicht gefragt wird. Im Rosenkavalier hat die betroffene Sophie gleich den Mut, nein zu sagen. Auch den alternden Mann (Baron Ochs), der durch Heirat oder sonstige Liebeleien seine Männlichkeit nochmals unterstreichen will, kennen wir aus vielfältigen Vorlagen, Barbier von Sevilla, Der Geizige, um nur zwei zu nennen. Intrigen spinnende Frauen mit großem Einfluss (die Marschallin) beschreibt auch Pierre-Ambroise-Francois Choderlos de Laclos in Gefährliche Liebschaften, erschienen 1782, also etwas nach der Zeit, in der Der Rosenkavalier spielt. Auch die Verwechslungsspiele durch Verkleidung (hier wird Octavian zur Zofe Mariandl) werden sowohl in den bereits erwähnten Werken als auch anderweitig gerne eingesetzt. Da Octavian als Hosenrolle angelegt ist, ist diese Verkleidung unproblematisch und weniger Klamauk als sonst.
Nun zum Negativen. Der Regisseur erfindet eine Figur, die das Stück die ganze Zeit begleitet und mit Pantomimen und Fratzen kommentiert. Sie nimmt Gestalt in einem zotteligen Teufel mit umgehängtem vergrößerten männlichen Geschlechtsteil. Einfach nur zotig. Dass in diesem Stück mancher vom Teufel geritten wird, erschließt sich auch so, und dass die Luft knistert durch die sexuellen Wünsche, aber auch Enttäuschungen der Protagonisten, dazu braucht es diese Figur nicht. Sie erinnert mich fatal an das grüne Männchen in Carmen, das mir damals auch nicht gefallen hat. Vermutlich ist auch das eine Modeerscheinung, die es ähnlich wie die mit Rohrleitungen ausgestatteten oben erwähnten Anti-Bühnenbilder irgendwann (hoffentlich bald!) nicht mehr geben wird.
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