Samstag, 29. Mai 2010

Der Geizige - eine Pop-Revue

Es ist eine ungewöhnliche und sehr gut gemachte Inszenierung. Der Geizige, das Stück von Molière wurde 1668 in Paris uraufgeführt. Und schon Molière hat stark Anleihe bei einer Komödie des römischen Dichters Plautus genommen. Das Thema hat sich frisch gehalten.
Ganz frisch ist auch diese Inszenierung von Detlef Altenbeck. Die Geschichte und die Personen findet man bei Molière, leichte Anpassungen inklusive, auch die Kostüme und Perücken sind beeinflusst von der Barockzeit. Das Stück wird gespielt, und immer wieder werden Pop-Songs über Geld eingestreut, "Diamonds are forever" und "Money Money" sind wohl die Bekanntesten. Live begleitet von einer Band (JR & Friends) mit Gitarren, Saxophon, Bass, Keyboard und Schlagzeug, die gut drauf waren.
Der Geizige unterdrückt seine erwachsenen Kinder, hält sie sehr kurz und möchte alles bestimmen, speziell auch wen sie heiraten sollen. Beide haben dabei jedoch eigene Pläne. Auch der Geizige möchte noch einmal heiraten und hat sich die (heimliche) Braut des Sohnes gewählt. Der Konflikt ist vorprogrammiert. Da merkt er, dass die Geldkassette, die er im Garten vergraben hat, verschwunden ist. Der Wunsch, das Geld zurück zubekommen erhöht seine Kompromissbereitschaft, dennoch haben die anderen Figuren alle Hände voll zu tun, um ihn schlussendlich zur Vernunft zu bringen. Ein schönes Märchen über einen alten Mann und seine vor langer Zeit bei einem Schiffbruch verschwundenen Kinder, die er just am Ende des Stücks wieder findet, ist auch Teil der Geschichte. Daran merkt man, dass sie schon Jahrhunderte auf dem Buckel hat. Gespielt und gesungen wird jedoch heute, und das sehr gut. Herausragend fand ich jedoch, dass zwei Darsteller (Vivian Frey und Peter Fischbach) beim Song "Geld macht Glücklich" das ganze Theater mit seinem überwiegend gesetzten Publikum "über fünfzig" zum Mitmachen bringen, und dies ganz ohne Geld.

Sonntag, 2. Mai 2010

Erfurt und Waid

Der Reichtum der Stadt Erfurt im Mittelalter begründete sich nicht nur durch die Lage an der Kreuzung zweier wichtiger Straßen, der Via Regia von Ost nach West, vom Rhein nach Schlesien, und einer Nord-Süd-Route. Die Erfurter steuerten auch ein begehrtes Handelsprodukt bei, das in der Umgebung der Stadt angebaut und in Erfurt verarbeitet wurde, den Waid, korrekt: Färberwaid. Eine genaue Beschreibung über Umfang des Anbaus, Verarbeitung und Vertrieb findet man hier. Aus der Waidpflanze kann man denselben Farbstoff gewinnen, den wir als "Indigo" kennen. Man konnte damit also Stoffe blau färben. Waid war im Mittelalter äußerst begehrt und wurde entsprechend gut bezahlt. Es wurde später vom Indigo verdrängt, das in den Kolonien billiger anzubauen war, und seit nach 1870 die synthetische Herstellung von Indigo gelang, hat auch diese Pflanze ihre Bedeutung verloren.
Ich erzähle hier die recht kurzgefasste Version zur Herstellung des blauen Farbstoffs aus Waid eines Erfurter Stadtführers.
Waid ist eine Pflanze, die rund um Erfurt und auch im Thüringer Wald angebaut wurde. Waid wurde geschnitten, getrocknet, zu Ballen geformt und in Fässern nach Erfurt transportiert. Das Ballenwaid wurde in den Fässern etwas zerkleinert und durch eine Mischung aus Wasser und männlichem Urin zur Gärung gebracht. Die Waidgärung fand auf den Dachböden statt, es muss sehr gestunken haben. Nach drei bis vier Monaten hatte sich ein Bodensatz gebildet, der getrocknet wurde. Dieses graugrüne Pulver wurde auch exportiert, u.a. nach Gent und Brügge, und brachte sehr viel Geld, es wurde buchstäblich mit Gold aufgewogen.
Auch die Färbeprozedur war nicht so ganz einfach, sie begann üblicherweise am Samstag. Weißes Tuch wurde in eine Brühe aus dem Waidpulver, weiteren Zutaten und Wasser gehängt und in der Sonne getrocknet. Mehrfach. Das Tuch verfärbte sich gelb. Am Sonntag, dem zweiten Tag, ging das Verfahren weiter, und das Tuch wurde langsam grün. Am dritten Tag wurde die Prozedur fortgesetzt, und das Tuch wurde langsam blau. Wenn am Montag also „blau gemacht“
wurde, dann war man noch mit dem Färben beschäftigt. Soweit der Erfurter Stadtführer.