Sonntag, 25. November 2007

Cosi fan tutte

So machen's alle oder die Schule der Liebenden heißt die Mozartoper, deren 76. Vorstellung wir gesehen haben. Die Premiere dieser Inszenierung aus den ersten Jahren von Klaus Zehelein war bereits am 22. Dezember 1991. Schon die Umstände der 76. Vorstellung waren außergewöhnlich. Es begann damit, dass eine ganz in Schwarz gekleidete Dame mit Mikrofon die Bühne betrat, was nie Gutes verheißt. Abgesehen davon, dass die Sopranistin Michaela Schneider erkältet war, aber trotzdem gesungen hat, musste sie uns mitteilen, dass Karl-Friedrich Dürr die Rolle des Don Alfonso wegen ärztlichen Singverbots nicht singen durfte, jedoch auf der Bühne agieren werde. Von der Seite singen werde Tobias Schabel. Man durfte gespannt sein, wie das klappen würde. Gut, muss man im Nachhinein sagen. Herr Schabel trat mal von links, mal von rechts ans Pult und sang, wurde von Herrn Dürr ein Mal mit auf die Bühne genommen, als sie zu dritt im Innern eines an einer Seite offenen Kubus singen sollten. Es hätte wohl nicht gut geklungen, zwei Stimmen mit Widerhall der Wände und eine außerhalb. Sie haben es gemeinsam zu einem guten Ende geführt, und beide Sänger, der verhinderte und der Nothelfer, bekamen viel Beifall, den sie gemeinsam in Empfang nahmen.
Nun zur Oper selbst, eine Opera Buffa, nur wenig Handlung, ein Verwechslungsspiel zweier Liebespaare, bei dem die Männer die Treue ihrer Verlobten nach einer Wette auf die Probe stellen. Ende des 18. Jahrhunderts kein Aufreger, man denke nur an "Gefährliche Liebschaften", den Briefroman des ausgehenden 18. Jahrhunderts von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos. Das 19. Jahrhundert konnte mit diesem "unmoralischen" Sujet gar nichts anfangen, so dass die Oper kaum oder nur bis zur Unkenntlichkeit bearbeitet aufgeführt wurde. Die Besetzung ist klein, drei Frauen, drei Männer und ein kleiner Chor, die Stimmen zwei Soprane, ein Mezzosopran, ein Tenor, ein Bariton, ein Bass. Und viele schöne Melodien.

Samstag, 24. November 2007

Buch. Aus großer Zeit


Ein Nachtrag aus dem Urlaub. Wir haben "Aus großer Zeit" von Walter Kempowski gelesen, ein Teil seiner Familienchronik, vom Zeitablauf der erste Teil, in dem er die Jugend seines Vaters beschreibt, wie die großbürgerliche und gutsituierte Familie des Großvaters in Rostock lebte und wirkte. Kempowski hält viel Distanz zu seinen Figuren, seine Sprache ist nüchtern und sachlich. Doch der immer wieder durchschimmernde feine Humor macht seine Prosa sehr lesenswert. Abwechselnd, Kapitel für Kapitel, erzählt er als neutraler Berichterstatter von den Taten und Begebenheiten des jungen Karl Kempowski, von der Kinder- und Schulzeit, Erlebnissen mit Freunden, erster Liebe, bis zum Eintritt des Ersten Weltkriegs. In den anderen Kapiteln kommen andere Personen zu Wort, die aus dem Blickwinkel von etwa 60 Jahren später ihre Erinnerungen an die Familie Kempowski in Rostock schildern. Ein Hausmädchen, die Hauswirtschafterin, die Schneiderin, die Nachbarin und Tierarztwitwe, ein Schauspieler vom Stadttheater, ein Schulkamerad, und so weiter. Jeder aus einem anderen Blickwinkel, und immer wieder im Wechsel mit dem Erzähler. Das ist gut gemacht. Irgendwann wird dann auf die gleiche Art die Familie der Mutter aus Hamburg verewigt.
Auch die genau wie der Rest des Buches sehr nüchterne Schilderung der Schrecken des Krieges wird gerade durch die zurückhaltende Schilderung sehr eindrucksvoll. Der junge Karl Kempowski kommt unverwundet wieder zurück, wird nur 1918 leicht verletzt durch Gas, was sich in länger andauernden Hautreaktionen zeigt. Seine Mutter, die als meist sehr oberflächliche Person erscheint, hatte seine Anzüge nur wenige Wochen nach seiner Abreise an die Front weggegeben. "Der fällt ja doch", sagte sie im Buch.
Da fällt einem nichts mehr ein.

Dienstag, 6. November 2007

Kalter Kaffee

Es ist zwar erst morgen so weit, dass wir uns von der Insel verabschieden, aber morgen wird es wohl keinen Besuch im Internet-Cafe geben. Somit ist dies der letzte Beitrag direkt von der Insel, Weiteres folgt dann vermutlich ab Donnerstag oder auch erst am kommenden Wochenende. Wir hoffen nun, dass es diesmal ohne Störungen und Verzögerungen mit der Rückreise klappt. Wenn nicht, wird es sehr bald hier zu lesen sein.
Der gestrige Abend endete leider mit einer Enttäuschung. Die Wirtin des kleinen Hotels, Doña Noemi ist in Rente gegangen. Letzte Woche war sie noch da. Nach unserem gestrigen Besuch sehen wir den Erfolg des Hauses unter der neuen Leitung gefährdet. Leider läuft es nach dem üblichen Schema ab, die Portionen werden kleiner und die Preise höher. Und der Gipfel im negativen Sinne, genauer also, das tiefste Schlagloch der Enttäuschung, war der kalte Kaffee, der uns serviert wurde.

Montag, 5. November 2007

Was habt ihr gegessen?

Was habt ihr gegessen? So lautet meist die Frage, wenn man aus dem Urlaub nach Hause kommt. Und so kurz vor Urlaubsende kann man schon mal Bilanz ziehen, in Teilbereichen zumindest. Wir wohnen ja in einem gemieteten Ferienhaus, ein vierflammiger Gasherd steht uns zur Verfügung. Oft selbst gekocht haben wir nicht, mal Nudeln mit Tomatensauce, zweimal Tortilla (spanisches Omelett aus Eiern und Kartoffeln), und Nudelsalat. Außerdem haben wir weitere Salate zubereitet, meist aus Tomaten, Zwiebeln, Avocado, auch mal mit Thunfisch.
Eine Mahlzeit am Tag haben wir meist in einem Restaurant eingenommen. Da gab es häufig Fisch, mehrfach den roten Alfonsiño mit seinen Glubschaugen, ebenso Filete de Gallo (heißt zwar übersetzt Filet vom Hahn, ist aber trotzdem ein sehr leckerer Fisch), Vieja (Papageienfisch, typisch für El Hierro) und Mero (Zackenbarsch), auch Fischkroketten hausgemacht, die mit den Fischstäbchen, die wir als Tiefkühlware kennen, nichts, aber auch gar nichts zu tun haben.
Wer nachsehen will, wie die Fische aussehen, die ich hier aufgeführt habe, gibt entweder in Google "Fische der Kanaren" ein, oder sieht hier nach.
Von den Meeresfrüchten gab es Chocos (kleinere Tintenfischtuben, ich kenne kein passendes deutsches Wort) und die äußerst leckeren Camarones (größere Krabben).
Bei den Fleischgerichten hatten wir mal Reis mit Kaninchen, mehrfach leckeres in der Tonform geschmortes Fleisch mit allem drin und dran, samt den Kartoffeln, und unvergleichlich gute Filetsteaks mit einer Fleischqualität, die es bei uns einfach nicht mehr gibt.
Und so nebenbei wurden wir verwöhnt mit Knoblauchsuppe, Mojo de queso (Käsecreme), Magdalenas (Rührkuchen in Förmchen gebacken, die wie aus dem Sandkasten aussehen), Palmeras (wir sagen Schweinsöhrchen) und Cabello de Ángel (eine Blätterteigtasche mit süsser Kürbisfüllung). Und als herbstliches Dessert Süßkartoffeln mit Kastanien aus dem Ofen. Wem das alles spanisch vorkommt, dem empfehle ich eine Reise nach Spanien.

Samstag, 3. November 2007

Herreños

Herreños - Menschen von El Hierro. Die Alten prägen das Straßenbild in den Dörfern der Insel. In kleinen Gruppen, meist zu dritt oder zu viert, stehen oder sitzen sie und reden. Oder sie beobachten.
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Nicht nur in den Bars, das dürfte auf die Dauer für die meisten zu teuer sein, nein draußen auf der Straße. Es gibt reichlich Bänke, wo sie sich setzen können, oder sogar sonnengeschützte Ecken.
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Frauen sind nur selten dabei.
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Freitag, 2. November 2007

So viele Leute!

Jedes Jahr am 31. Oktober veranstaltet die Genossenschaft (der Bauern und Weingärtner) in El Golfo ein Fest, Tafeña genannt. Am 1. November ist in Spanien Feiertag (Todos los Santos gleich Allerheiligen), wie im katholischen Deutschland auch, man kann also am nächsten Morgen ausschlafen.
Jeder kann kommen und mitmachen, es kostet nichts. Auch wenn man eine Jacke anziehen muss, so ein Fest kann hier auf der Insel ohne weiteres im Freien stattfinden, kein Problem. Der Hof der Genossenschaft ist geöffnet, es sind lange Tische mit Stühlen aufgestellt, da sitzen überwiegend die Alten. Weinflaschen, Inhalt rot oder weiss, ohne Etikett, stehen auf den Tischen, dazu Teller mit getrockneten Feigen (higos pasados) und Käse. So viele Leute! Und es werden immer mehr. Die Jüngeren kommen später, es sind alle Altersklassen gleichmäßig vertreten, auch Kinder, die im Hof rumtollen. Wir haben geschätzt, dass es mindestens tausend Leute waren. Tausend!
Für die Getränkeversorgung der vielen Stehenden werden auf der Ladefläche eines LKW Kartons mit Wein zum Zapfen aufgestellt, zwanzig Liter Inhalt. Es gibt schon den neuen Jahrgang 2007 zu kosten. Der Rote kommt noch ein wenig "kantig", nicht rund, daher, einige Wochen mehr werden ihm guttun. Der Weisse schmeckt schon prima.
Noch einige Zeit später werden große Töpfe angeschleppt, Inhalt je etwa zweihundert Liter, daneben stellt man einen Sack mit Plastikschalen und einen Karton mit Plastikgabeln. Und dann wird ausgeteilt, aus dem Topf auf dem Boden. Der Eintopf mit Kichererbsen (garbanzos) findet reißenden Absatz.
Etwas abseits brennt ein Höllenfeuer. Die Feuerstelle auf dem Boden wird mit Hohlblocksteinen abgegrenzt, darauf ein Grillrost, alles etwa zwei auf ein Meter. Auf dem Rost, in der Höllenglut, werden Kastanien gegrillt, zwei Männer drehen und wenden sie ständig mit einem Stock, an dessen Ende ein Lappen gebunden ist. Der Lappen sengt im Lauf des Abends weg, so heiß ist es. Dazwischen schütten sie etwas Sand, den sie nachher wieder aussieben. Die Kastanien sind äußerst lecker, man bekommt zwar schwarze Hände, aber was soll's, kann man später waschen.
Es spielt keine Kapelle, es wird nicht getanzt, es wird nichts vorgetragen oder aufgeführt, dieses Fest dient der Kommunikation der Leute, die von der ganzen Insel kommen, nicht nur aus El Golfo. "Wenn ich einen treffen will, den ich schon lange nicht gesehen habe, dann gehe ich da hin", sagte uns Antonio, der uns auch den Tipp gegeben und empfohlen hatte, die Tafeña zu besuchen.
Bei solchem Brauch mit Kastanien und jungem Wein kommt einem doch Südtirol in den Sinn, wo mit dem Törggelen dasselbe praktiziert wird, nur schon seit Jahren touristisch vermarktet. Das hat El Hierro noch vor sich.