Donnerstag, 30. November 2006

Carmen

Die erste Premiere unter dem neuen Intendanten Albrecht Puhlmann in der Staatsoper Stuttgart war die Oper Carmen von Georges Bizet. Wir sahen die vierte Aufführung in der Miete. Leider konnte ich den Ansichten des Kritikers der Stuttgarter Zeitung nicht folgen. Mir hat die Inszenierung nicht gefallen. Um aber mit dem Positiven anzufangen, die gesanglichen Leistungen, den Chor und das Orchester fand ich sehr gut. Auch das Bühnenbild kann ich gerade noch durchgehen lassen, obwohl diese Lampen im Stil der 50er-60er Jahre des vorigen Jahrhunderts, die sich im dritten Akt so wundersam vermehrt haben und wie Trophäen über die Bühne getragen werden, nicht mein Fall sind. Flamencorüschen habe ich nicht vermisst, die Hauptdarstellerin im silbrig glänzenden langen Kleid war für mich ganz in Ordnung.
Aber die Dreingabe, Surplus genannt, wie eine Art Marsmännchen in grüner Strumfphose kostümiert, Gesicht und Haare ebenfalls grün, wie ein Marsmännchen eben, das hätte nicht sein müssen. Ich fühle mich unter solchen Umständen in ein Korsett gezwungen, gezwungen, das zu denken, was der Regisseur vorgibt. Kein Platz mehr für Fantasie. Dass diese Carmen sexy ist (auch im langen Kleid, dazu braucht es keine Strapse, von denen der Kritiker der Stuttgarter Zeitung meinte, sie gehörten zum Carmen-Standard), das kommt schon allein durch die Musik rüber, da brauche ich kein grünes Marsmännchen mit rotem Penis, oder sollte es doch eine Pappnase gewesen sein? Dass Don José Opfer seiner Obsessionen ist, wird durch die und mit der Musik klar, ich brauche dazu kein grünes Männchen, das ihm im Nacken sitzt. Und dann die Masche mit dem Fernseher. Das scheint zur Zeit en vogue zu sein, ein Fernseher muss ran. Da man keine so gute Verwendung gefunden hat wie z.B. in Madama Butterfly oder der Zauberflöte, werden Großaufnahmen von einem Auge gezeigt, wie der Augapfel langsam von links nach rechts wandert, oder umgekehrt. Manchmal war es auch das Auge eines anderen Menschen. Aber so richtig Sinn machte es nicht.
Vielleicht bin ich einfach nur zu konservativ für den Zeitgeist der Operninszenierungen, aber mehr Werktreue gefällt mir einfach besser. Und auch da sind Strapse nicht von Nöten.